Meditation ist mehr als Stille und betrifft das ganze Leben (Zeitschriftenartikel des "netz-abts" zum Thema)
Kontemplation als Spiritualität der Stille kann als wertvolle Ressource in unserer komplexen VUCA-Welt (siehe unten). Entlang des bekannten dreiteiligen Gebets des Mystikers Niklaus von Flüe (1417-1487) will ich einige Aspekte dieser christlichen Achtsamkeitspraxis entfalten. Dabei wird deutlich, dass Kontemplation über die formellen Zeiten der Stille hinausgeht und das ganze Leben betrifft.
1. Mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir
Egal, ob ich mich beim Einkaufen zwischen 20 verschiedenen Sorten Brot entscheiden muss oder abends bei Netflix für einen Film unter Hunderten: Wir leben in einer lauten Welt der dauernden Ablenkung, Zerstreuung und der vielen Optionen. Wir stehen in einem dauernden Entscheidungszwang. Richard Foster beurteilt diesen Zustand als „geistliches Hauptproblem“ unserer Tage und folgert: „Wir haben laute Herzen“.
Unsere Herzen sind laut, weil wir in unseren Gedanken meistens in der Zukunft leben und planen oder wir reflektieren die Vergangenheit und denken darüber nach, was wir hätten anders machen können.
Selten sind wir ganz präsent im Hier und Jetzt. Wir konstruieren gedanklich die Welt, in der wir leben und lassen uns dabei – meist unbewusst - von Emotionen leiten, die unsere inneren Geschichten in uns auslösen.
Die weitverbreitete Suche nach Formen und Methoden der Achtsamkeit (mindfulness), die zahlreichen Meditations-Apps fürs Handy, die Suche nach innerer Ausgeglichenheit, kann als Reaktion auf diese alltägliche Überforderung gesehen werden. Nicht umsonst beschreibt der israelische Historiker und Bestsellerautor Juval N. Harari die Meditation als einen der wichtigsten... hier geht es weiter zum Artikel als PDF.
Was ist VUCA?
VUCA steht als zusammenfassendes Akronym für die Herausforderungen in einer komplexen, globalisierten und digitalisierten Welt: volatility (Unbeständigkeit), uncertainty (Unsicherheit), complexity (Komplexität), ambiguity (Mehrdeutigkeit). Die überraschende und weltweite Herausforderung mit Corona stellte ein typisches VUCA Ereignis dar, ebenso der Ukraine-Krieg und die weltweiten Reaktionen darauf. VUCA erleben wir aber auch in unserem persönlichen Alltag von Arbeit und Familie durch gesellschaftliche und ökonomische Veränderungen. Die Rede von VUCA ist v.a. in Leadership-Studies und der Geschäftswelt verbreitet. Die Lösungsansätze orientieren sich ebenfalls an VUCA: vision (Vision, Richtung), understanding (Verständnis), clarity (Klarheit), agility (Agilität). Die neurologische und psychologische Meditationsforschung zeigt, dass eine regelmässige Praxis schon nach kurzer Zeit diese positiven Verhaltensweisen und Werte fördert. Daher wird in der Meditationspraxis eine wichtige Ressource für das Leben in einer VUCA-Weltgesehen und seit rund 20 Jahren intensiv und interdisziplinär dazu geforscht.